Ein 360-Grad-Feedback lebt vom offenen Feedback. Doch trotz der Zusicherung von Anonymität scheuen viele Feedbackgebende davor zurück, sich wirklich ehrlich zu äußern. Das liegt eher selten daran, dass sie negative Reaktionen der Feedbacknehmenden fürchten. Vielmehr tendieren die meisten Menschen dazu, Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeitende oder Vorgesetzte eher wohlwollend einzuschätzen. Sie haben oft Verständnis für ihr Verhalten – nicht zuletzt, weil sie selbst versuchen, unter ähnlichen Rahmenbedingungen ihr Bestes zu geben.
Für die Entwicklung der Feedbacknehmenden ist dieses „Wohlwollen“ jedoch nicht förderlich. Dies soll nicht bedeuten, dass negatives Feedback erstrebenswert ist. Das Ziel ist aber ein differenziertes Feedback mit klaren Rückmeldungen zu Stärken und Optimierungspotenzialen. Im Design des Feedbackfragebogens können Unternehmen bewusst Formate wählen, die differenziertes Feedback fördern. Die häufigsten Antwortformate sind folgende:
1. Zustimmungsskala
In diesem Format schätzen die Feedbackgebenden auf einer Skala ein, inwieweit eine Aussage (zum Beispiel „Inspiriert andere und fördert Innovation“) auf die Führungskraft zutrifft. Dieses Format ist einfach und gebräuchlich, führt jedoch oft zu den besagten wohlwollenden Einschätzungen, da die Skala sehr klar ein „schlechter“ und „besser“ signalisiert.
2. Semantische Differenziale
Eine Alternative besteht darin, die zu bewertenden Kriterien so zu beschreiben, dass beide Enden der Skala positiv formuliert sind (zum Beispiel Stabilität vs. Inspiration). So fällt es Einschätzenden leichter, sich ehrlich zu positionieren, denn ob eine Ausprägung positiv oder negativ ist, entscheidet sich von Situation zu Situation. Manchmal ist eben Stabilität gefragt und manchmal Inspiration.
3. Priorisierungen
Schließlich können Feedbackgebende auch methodisch „gezwungen“ werden, eine differenzierende Einschätzung vorzunehmen, indem sie aufgefordert werden, verschiedene Kompetenzen oder Aussagen gegeneinander abzuwägen und anhand von Prioritäten zu äußern, welche relativ gesehen mehr oder weniger gut auf die eingeschätzte Führungskraft zutreffen.
Quelle: Anja Beenen und Alexander Brandt, Profil M Beratung für Human Resources Management