Vielfalt nutzen: Wie TAKEDA Österreich Diversity lebt

Das Pharmaunternehmen TAKEDA beschäftigt in Österreich rund 4.500 Mitarbeiter:innen aus mehr als 60 Nationen. Diversität und Inklusion fördert der Konzern bewusst – über Interessensgruppen, die Vielfalt voranbringen. Warum das Unternehmen davon profitiert, erklären Alexandra Hilgers, Vorstandsmitglied und Head of HR, sowie Astrid Kindler, Head of Austria Communications, im Interview.

Alexandra Hilgers und Astrid Kindler von TAKEDA (v. l.)

Wie würden Sie den Zugang Ihres Unternehmens zum Thema Diversity beschreiben?

Alexandra Hilgers: Wir sehen, dass ein bewusster Umgang mit dem Thema Diversity Vorteile für Menschen und Unternehmen bringt. Wenn wir auf eine diverse Workforce achten und sicherstellen, dass wir unterschiedliche Persönlichkeiten ansprechen, schaffen wir eine Kultur und Zusammenarbeit, die Innovation treibt und in der alle ihre Talente einbringen können. Diese Unterschiedlichkeit an Fähigkeiten ermöglicht es uns erst, aus den starren Bahnen des Gewohnten auszubrechen. So finden wir neue Lösungswege und kommen zu anderen Ergebnissen. Daher wird Diversity bei uns im gesamten Konzern – und auch hier in Österreich – großgeschrieben.

Wie leben Sie Diversity im Arbeitsalltag?

Alexandra Hilgers: Die Menschen bei TAKEDA sind grundsätzlich sehr offen. Diversität ist Teil unserer Kultur. Dazu tragen unsere Takeda Resource Groups (TRGs) bei. Das sind Gruppen, die Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, sich für Themen zu engagieren, die ihnen wichtig sind.

Wir haben zum Beispiel eine „Early Talents“-Gruppe von jungen Menschen, die gerade in die Arbeitswelt eingestiegen sind. Sie haben in dieser Lebensphase oft andere Ideen und Vorstellungen als Mitarbeitende, die 20 oder 30 Jahre im Beruf sind. Und über die Gruppe können sie ihre Bedürfnisse und Themen im Konzern einbringen. Wir haben auch ein Frauennetzwerk, sowie eineLGBTQIA+ Gruppe, ein Netzwerk für die asiatischeKultur sowie eine Gruppe für Menschen mit Behinderung. Diese Resource Groups sollen dazu beitragen, dass Mitarbeiter:innen sich nicht verstellen müssen, sondern bei der Arbeit so sein können, wie sie sind.

Wie organisieren sich die Gruppen?

Alexandra Hilgers: Die Gruppen organisieren sich selbst. Wir besprechen nur jährlich mit ihnen, welche Aktivitäten sie vorantreiben wollen und wie wir sie unterstützen können. Häufig bereiten sie Impulsvorträge mit externen Referent:innen vor oder organisieren die Teilnahme an Veranstaltungen wie der Pride Parade oder dem Wiener Frauenlauf. Auch international können sich die Resource Groups vernetzen: Wir haben eine eigene Plattform dafür – und für einige Themen gibt es bereits große globale Communities.

Wie wirkt die Arbeit der Gruppen in das Unternehmen?

Alexandra Hilgers: Die Resource Groups schaffen Transparenz für die Bedürfnisse verschiedener Interessensgruppen und unterstützen das Unternehmen dabei, diese zu berücksichtigen. Das fängt bei der Frage an, wie wir unterschiedliche Menschen im Recruiting am besten erreichen: Wie sprechen wir Frauen in Job-Inseraten gezielter an? Welche Änderungen sind nötig, damit Anzeigen inklusiv sind? Welche Positionen können wir Menschen mit Autismus anbieten, ohne für sie Jobs zu kreieren? Und wie ist die bauliche Situation im Unternehmen für Bewerber:innen mit körperlichen Einschränkungen?

Um Fragen wie diese zu bearbeiten, können wir intensiv mit unseren Resource Groups zusammenarbeiten.

Ein weiteres Beispiel sind die Early Talents. Für uns ist es wichtig zu verstehen, was die Bedürfnisse der Generationen sind, um diese damit abgleichen zu können, was wir bieten können. Der Austausch mit der Gruppe ist extrem wertvoll, um besser zu verstehen, wie wir Benefits, Arbeitszeiten oder Karrieremöglichkeiten gestalten müssen, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben.

Was sind Ihre persönlichen Learnings aus der Zusammenarbeit mit den Resource Groups?

Alexandra Hilgers: Der eigene Blick auf Themen verändert sich durch die Resouce Groups enorm. Denn sie bringen uns dazu, unvoreingenommen an ein Thema heranzugehen, also erst einmal zu hören und zu verstehen, welche Einstellungen und Bedürfnisse es gibt. Nehmen wir das Beispiel Early Talents: Wer in einer ganz anderen Lebensphase als man selbst ist, denkt vielleicht anders und hat einen anderen Fokus. Trotzdem können wir versuchen, uns für die Positionen der jungen Talente zu öffnen. Das gelingt uns in einer Organisation aber nur, wenn wir diese Offenheit gezielt fördern und eine Umgebung schaffen, in der sich die Menschen trauen, ihre Meinung zu sagen. Von dieser „Speak-up Kultur“ profitieren alle. Denn sie fördert Agilität, Flexibilität und bringt ganz neue Perspektiven.

Haben Sie sich Ziele für Diversity gesteckt – und wo stehen Sie gerade?

Alexandra Hilgers: Wir versuchen, den Erfolg unserer Diversity-Aktivitäten zu messen. Das geschieht zum Beispiel über Zertifizierungen wie den Nestor Gold, der zeigt, wie wir uns für die Bedürfnisse von Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen engagieren. Wir achten sehr auf die Geschlechterquote und haben mittlerweile 50 Prozent Frauen über alle Bereiche hinweg. Natürlich gibt es bereichsspezifische Unterschiede. Für die technischen Berufe ist es immer noch schwer, Frauen zu finden. Daher versuchen wir, sie über berufspraktische Tage oder Praktika zu motivieren, in diese Bereiche hineinzuschnuppern. Wir unterstützen sogar Kindergärten, denn das Interesse an Themen wie Technik wird ja durch die primäre Bildung geweckt.

Inwieweit fließt das Thema Diversity in Ihre Arbeitgeberkommunikation ein?

Astrid Kindler: Wir beschreiben in unserer Arbeitgeberkommunikation immer wieder konkrete Beispiele für Inklusion. Unsere Kolleg*innen erzählen gerne ihre persönlichen Geschichten und teilen ihre Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag mit anderen. Storytelling und Mitarbeitende vor den Vorhang zu holen, ist wesentlich, um authentisch über Diversity, Equity und Inclusion zu kommunizieren. Das Thema wird vorangetrieben, indem Best Practices innerhalb und außerhalb des Unternehmens geteilt werden, da man so die Möglichkeit hat, voneinander zu lernen.

Wir haben beispielsweise hochgradig schwerhörige Mitarbeitende in vielen Bereichen wie Labor, Technik oder Projektmanagement. Sie berichten gerne von ihrem Arbeitsalltag und von Rahmenbedingungen, die ihnen helfen. Da zum Beispiel bestimmte akustische Alarmsignale nicht wahrgenommen werden können, gibt es Lampen, die bei einem Alarm aufleuchten. Virtuelle Meetings werden für unsere gehörlosen Kolleg:innen ausschließlich mit Live-Untertitel durchgeführt. Und auch alle unsere Videos haben Untertitel, damit wir Menschen mit Einschränkungen des Hörvermögens erreichen können.

Vor einigen Jahren haben wir intern eine Umfrage gemacht, wie wir gendern wollen. Es kam das Sternchen raus – und seitdem halten wir uns in der Kommunikation daran. Außerdem achten wir in Ausschreibungen darauf, dass wir über Sprache und Bildauswahl möglichst viele Menschen erreichen

Alexandra Hilgers: Wir sehen auch ganz deutlich, dass sich auf Ausschreibungen für technische Positionen mehr Frauen bewerben, wenn wir Inserate sprachlich und visuell auf eine weibliche Zielgruppe abstimmen. Unser jüngstes Projekt betrifft die Ausbildung: Wir möchten Lehrlinge mit Behinderungen rekrutieren – und hatten in den vergangenen Tagen einige Kandidat:innen da.

Was sind die größten Herausforderungen im Diversity Management?

Alexandra Hilgers: Eine Kultur zu schaffen, die offen für Diversität ist, kann sehr herausfordernd sein. Wir beschäftigen Menschen mit mehr als 60 verschiedenen Nationalitäten. Das birgt viele Möglichkeiten, aber auch Konfliktpotenzial. Denn die Krisen, die wir in der Welt sehen, können auch in das Unternehmen getragen werden. Das bedeutet, dass wir ganz klar sein müssen in den Werten und in der Kultur, die wir hier leben wollen.

Wie gelingt das?

Alexandra Hilgers: Ich glaube, wir brauchen die Offenheit dafür, dass Diversität zu Konflikten führen kann. Daher ist es wichtig, Konflikte nicht unter den Teppich zu kehren, sondern anzusprechen und sicherzustellen, dass die Werte des Unternehmens unterstützen. Konflikte lassen sich nicht immer vermeiden und wir können sie auch nicht immer lösen. Aber wir können dafür sorgen, dass die Menschen trotzdem in der Lage sind, ihre Talente einzusetzen und ihre Meinungen zu äußern, ohne Angst dabei zu haben.

Wir können das nicht für die Welt da draußen machen, aber wir können versuchen, diese Haltung der Akzeptanz im Unternehmen weiter zu etablieren.


Interview: Bettina Geuenich

Quelle: Dieser Beitrag erschien zuerst in Ausgabe 3/2024 der Zeitschrift personal manager.

Sharing is caring
Profile picture of Bettina Geuenich

Bettina Geuenich

Chefredakteurin bei personal manager
Bettina Geuenich ist die Chefredakteurin der Fachzeitschrift und des Blogs personal manager. Sie beobachtet seit über 20 Jahren die HR-Szene in Österreich und schreibt darüber.