Lebensgefahr! Dieses Signal bekommt unser Körper, sobald wir in Stress geraten. Damit bereitet er sich darauf vor, zu kämpfen oder zu flüchten – eine Reaktion aus der Urzeit. Denn entweder mussten wir vor Gefahren flüchten oder gegen feindlich gestimmte Stämme kämpfen, um unser Überleben zu sichern. Wenn beide Optionen aussichtslos waren, verfielen wir in eine Art Starre. Diese Vorgänge entstehen heute wie damals in der Amygdala, im limbischen System unseres Gehirns. Das gilt auch heute: Wir erleben Stress – wenn eine Kaffeetasse umfällt, wir den Bus versäumen oder das Telefon ständig läutet. Wie Sie Stress mit Resilienz begegnen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Drei Fehler die zu chronischem Stress führen
In einer Situation Stress zu erleben ist per se kein Problem. Problematisch wird es erst dann, wenn es zu einem Dauerzustand wird. Denn dann leiden wir unter einem ständig erhöhten Aktivierungsniveau. Der Cortisol-Spiegel steigt und schwächt unsere Abwehrkräfte. Die Folgen können Herz-Kreislauf-Beschwerden, Kopf-, Nacken-, Rücken- und Gelenkschmerzen, Magen-Darm-Erkrankungen oder Schlafstörungen, chronische Müdigkeit und Erschöpfung sein. Auch Suchtverhalten wie Alkohol, Nikotin oder Essstörungen werden durch chronischen Stress gefördert. Dass es überhaupt zu chronischem Stress kommt, hat meist drei Ursachen:
- Keine aktive Steuerung: Der Stresslevel wird nicht bewusst gesteuert. Leidtragende, die ständig unter Stress stehen, setzen sich nicht bewusst mit dem Thema auseinander.
- Konzentration auf äußere Einflüsse: Wir versuchen, die äußeren Umstände wie Termine mittels besserem Zeitmanagement zu verändern.
- Konzentration nur auf eine Ebene: Wir senken das Stresslevel nur durch Erholung. Dies führt langfristig jedoch nicht zum Erfolg.
Für eine dauerhafte Veränderung zu mehr Gelassenheit bedarf es einer umfassenderen Herangehensweise.
Was ist Resilienz?
Wer resilient ist, kann Stresssituationen im Alltag leichter meistern und ist emotional für Krisen gerüstet. Denn Resilienz – also die psychische Widerstandskraft – kann sowohl im Beruf und Alltag, als auch bei großen Veränderungsprozessen weiterhelfen. Den Begriff Resilienz hat der US-amerikanische Psychologe Jacob Block im Jahr 1950 geprägt. Die erste aussagekräftige und intensive Studie wurde von Emmy Werner und Ruth Smith im Jahr 1971 mit der Kauai Studie erstellt. Auf der hawaiianischen Insel sind sie zu der Erkenntnis gekommen, dass selbst ungünstige Voraussetzungen nicht zwingend zu Misserfolg führen müssen. Resiliente Menschen – sowohl Kinder als auch Erwachsene – können Krisen und schwierige Situationen einfacher meistern.
5 hilfreiche Säulen für weniger Stress
1. Selbstwahrnehmung
Der erste Schritt zur Besserung ist Selbsterkenntnis. Damit Sie aus der Stressspirale herauskommen, müssen Sie sich im ersten Schritt bewusstwerden, wann Sie in Stress sind. Damit dies gelingt, bedarf es Selbstwahrnehmung. Nehmen Sie sich dafür bewusst Zeit und aktivieren Sie Ihren Stressdetektiv. Fragen Sie sich in einer ruhigen Minute: Wann, wo, wer oder was versetzt Sie in Stress? Reflektieren Sie darüber in Ruhe und machen Sie sich dafür bewusst eine Liste.
2. Eigensteuerung
„Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen.“ Dies sagte einst Epiktet, der Gründer der stoischen Philosophie. Unsere Gedanken zu beobachten und bewusst in eine andere Richtung zu lenken, ist ein sehr hilfreiches Instrument. Denn unsere Gedanken und Glaubenssätze sind es, mit denen wir uns selbst Druck aufbauen und Stress erzeugen. Der amerikanische Psychologe Taibi Kahler nannte diese „Innere Antreiber“. Sie sind wesentlich dafür verantwortlich, dass wir uns selbst in Stress versetzen. Zwei von fünf Antreibern sind dabei wesentlich für ein erhöhtes Stress Niveau in unserer Gesellschaft verantwortlich: Der „Sei-perfekt-Antreiber“ – alles immer richtig machen zu wollen – und der „Sei-gefällig-Antreiber“- es jedem recht machen zu wollen.
Achten Sie bewusst auf Ihre Gedanken, mit denen Sie sich selbst in Stress versetzen und erlauben Sie sich auch Fehler bzw. erlauben Sie sich NEIN zu sagen. Steuern Sie aktiv Ihre Gedanken und etwas mehr Entspannung wird in Ihren Alltag treten.
3. Optimismus
Wissenschaftliche Studien belegen, dass wir etwa 60.000 Gedanken täglich haben. Davon sind aber lediglich drei Prozent positiver Natur. Auch dies ist ein Vorgang der Evolution. Denn zu wissen, welche Pflanzen giftig waren und wo sich der Säbelzahntiger aufhält, hat unser Überleben gesichert. Positive Nachrichten oder lustige Geschichten waren hingegen nicht überlebensnotwendig. Dies ist der Grund, warum wir uns negative Nachrichten etwa fünf Mal besser merken als positive. Genau deshalb gilt es aktiv gegenzulenken. Denn jeder negative Gedanke signalisiert dem Körper Stress.
Die einfachste Methode aktiv gegenzusteuern, ist eine Frage. Wir Menschen beantworten gerne Fragen. Nicht umsonst sind Quizshows so beliebt. Stellen Sie sich selbst eine Frage und Ihre Gedanken wandern in eine andere Richtung. Mit folgenden Fragen können Sie Ihren Optimismus stärken:
- Was ist das Gute daran?
- Was kann ich davon lernen?
- Welche schönen Dinge habe ich erlebt?
- Wofür bin ich dankbar?
Wenn Sie merken, dass Sie sich in einem negativen Gedanken-Karussell befinden, stellen Sie sich die passende Frage und Ihre Gedanken werden sich ändern.
4. Akzeptanz
Manchmal ist das Glas weder halbleer, noch halbvoll sondern einfach umgefallen. Es gibt Situationen, denen können Sie nichts Positives abgewinnen. Dann hilft es, sich in Akzeptanz zu üben. Dies reduziert Druck und Stress zugleich. Denn wenn Sie eine Situation, die Sie nicht ändern können nicht annehmen, dann entsteht Druck und Druck erzeugt Gegendruck.
Entscheiden Sie sich deshalb für Akzeptanz. Ein Zitat von Reinhold Niebuhr kann Ihnen dabei helfen: „Gott gib mir die Gelassenheit,
- Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
- den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann
- und die Weisheit, beides zu unterscheiden.“
5. Lösungsorientierung
Keine aktive Steuerung ist eines der Hauptprobleme, die zu chronischem Stress führen. Nehmen Sie sich bewusst eine Auszeit und gehen Sie auf Lösungssuche. Achten Sie dabei auf eine umfassende Herangehensweise. Folgende Ebenen sind möglich:
Situativ – Änderungen am Arbeitsplatz. Achten Sie auf genügend Pausen und sprechen Sie Überforderung auch bewusst an. Wenn Sie merken, dass es momentan zu viel wird, geben Sie dies Ihren Arbeitskollegen oder auch Vorgesetzten mit einem bestimmten aber höflichen NEIN zu verstehen.
Einstellungsänderung: Wenn Sie festgestellt haben, dass Sie manche Situationen nicht ändern können, dann ändern Sie Ihre mentale Einstellung. Ein gelassenes „Es ist wie es ist“ kann Wunder bewirken.
Erholung: Machen Sie aktiv Pausen. Gönnen Sie sich kurze Auszeiten oder machen Sie in der Mittagspause einen Spaziergang. Jede Art von Erholung ist erlaubt. Planen Sie diese bewusst in den Alltag ein und der Stress wird weniger.