Weiterbildung hat in den meisten Unternehmen im deutschsprachigen Raum einen relativ hohen Stellenwert. Dennoch sind die Arbeitgeber in Sachen Weiterbildung nicht auf der Höhe der Zeit, wie der HR-Report 2020 von Personalvermittler Hays und dem Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) zeigt.
Die Anforderungen im Job verändern sich in
vielen Berufen stetig. Wissen hat eine zunehmend geringe Halbwertszeit. Daher
macht schon seit einigen Jahren das Schlagwort des „lebenslangen Lernens“ die
Runde. Sprich: Menschen sollten sich laufend weiterbilden, um
„beschäftigungsfähig“ zu bleiben. Auch aus Sicht des Unternehmens ist
lebenslanges Lernen wichtig. Schließlich profitieren sie von Mitarbeitern, die
stets auf dem neuesten Stand sind.
Aber wie steht es denn um das lebenslange Lernen im deutschsprachigen Raum? Der HR-Report von Hays und dem Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) liefert einige interessante Einsichten dazu. Er basiert auf einer Onlinebefragung von 997 Mitarbeitern und Führungskräften aus Organisationen im deutschsprachigen Raum, darunter Geschäftsführer (19 %), HR-Führungskräfte (16 %), Fachbereichsleiter (42 %) sowie Mitarbeiter ohne Personalverantwortung (24 %).
Aus Sicht der Befragten hat das lebenslange Lernen in den Unternehmen grundsätzlich einen sehr hohen Stellenwert. Der Median für dieses Thema liegt bei 77 Punkten auf einer Skala von 1 bis 100. Die Bereitschaft der Mitarbeiter, lebenslang zu lernen, ist aber deutlich niedriger. Hier liegt der Median bei 59 Punkten. An dieser Stelle zeigt der Report schon sehr deutlich, dass zwischen Anspruch und Praxis eine Lücke klafft.
Wer entscheidet über die Weiterbildungsbudgets?
Der Ergebnisse der Studie zeigen zudem Widersprüche
im Umgang mit Weiterbildung auf: So liegt die primäre Verantwortung für
lebenslanges Lernen laut den Befragten zwar direkt bei den Mitarbeitern (61 %)
und nur jeder Fünfte sieht sie bei den Führungskräften. Doch über die
finanziellen Mittel für Lernen entscheiden die Geschäftsführung (35 %) oder der
Vorgesetzte (25 %).
Nur in 14 Prozent der befragten Unternehmen
verfügen die Mitarbeiter über ein eigenes Lernbudget. Auch bei der Frage, was
Lernzeit bedeutet, zeichnen die empirischen Daten ein diffuses Bild. In etwas mehr als einem Drittel der
teilnehmenden Unternehmen gibt es dazu gar keine Vorgaben. Ein weiteres Drittel
definiert Lernzeit ausschließlich über die Teilnahme an Seminaren.
Wie Unternehmen Lernzeit festlegen, variiert
ebenfalls: Jeweils ein Viertel meint, das würde direkt mit den Führungskräften
vereinbart beziehungsweise jeder Mitarbeiter erhalte ein bestimmtes Zeitbudget
für Lernen. In diesem Punkt unterscheiden sich die Wahrnehmungen der
Geschäftsleitung und der Mitarbeiter signifikant.
Heute findet Lernen mehrheitlich „off the job“
über den Besuch von Seminaren oder Tagungen statt (53 %). Online-Lernen nutzen
derzeit 35 Prozent der Befragten, während nicht einmal zehn Prozent der
Unternehmen neue Lernformate wie Gamification, Virtual und Blended Learning
einsetzen.
„Der Umgang vieler Unternehmen mit lebenslangem Lernen bewegt sich noch nicht auf der Höhe unserer Zeit“, kommentiert Jutta Rump, Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen und Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) die Ergebnisse. „Wenn Teams immer agiler und autonomer handeln, sollte dies auch für das Lernen gelten. Hier ist daher mehr Freiraum für die Mitarbeiter und weniger Bürokratie angesagt“, so die Professorin. (BG)
Webtipp
hays.de/lebenslanges-lernen