Wie gelingt es Arbeitgebern, eine überzeugende Marke aufzubauen? Während sich das Unternehmens- oder Produktmarketing schon seit Jahrzehnten mit Markenarbeit beschäftigt, ist das Employer Branding eine recht junge Disziplin. Grundsätzlich gelten beim Markenaufbau aber ähnliche Prinzipien. Zwei Beispiele aus mittelständischen Unternehmen der Hotellerie und des Baugewerbes zeigen, wie die Gestaltung einer überzeugenden Employer Brand funktionieren kann.
Viele Arbeitgeber haben heute mit ähnlichen Problemen zu kämpfen: Gerade qualifizierte Fach- und Führungskräfte sind vielerorts knapp. Eine wachsende Mobilität fördert die Fluktuation zusätzlich. Außerdem steigen die Anforderungen an die Arbeitgeber, ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen und Rahmenbedingungen zu bieten, die es den Mitarbeitern erleichtern, Privatleben und Beruf zu verbinden. Vor diesem Hintergrund wird es für Unternehmen immer wichtiger, das eigene Arbeitgeberprofil zu schärfen, eine Marke aufzubauen und diese nach innen und außen zu leben.
Das gelingt dem einen Unternehmen besser als dem anderen. Vielen Arbeitgebern fehlt es nach wie vor an einem erkennbaren Profil. Aus der Sicht einer qualifizierten und gefragten Fachkraft stellt sich der Arbeitsmarkt daher oft so dar wie ein gut gefülltes Regal im Supermarkt: Es gibt eine große Bandbreite von Marken, die Ähnliches zu bieten scheinen, aber schwer unterscheidbar sind. Wie gelingt es Arbeitgebern, mit einer überzeugenden Marke aus dem Einerlei der Unternehmen herauszustechen?
3 Grundsätze des Employer Brandings
Überzeugen kann eine Arbeitgebermarke aus unserer Sicht nur, wenn drei zentrale Attribute auf sie zutreffen:
- authentisch:
Die Marke muss von innen nach außen wirken. Wer nach außen etwas verspricht, was er nach innen nicht hält, erscheint nicht überzeugend. Dabei dürfen Arbeitgeber ruhig Ecken und Kanten zeigen, die ihr Profil schärfen. Es geht nicht darum, allen zu gefallen. Schließlich passen auch nicht alle Mitarbeiter zum Unternehmen. - integrativ:
Führungskräfte und Mitarbeiter müssen von Anfang an in den Prozess der Arbeitgebermarkenbildung mit einbezogen werden. Denn nur so lässt sich gewährleisten, dass die Marke von innen nach außen wirkt. Plus: Die positive Energie, die in diesem Prozess entsteht, fördert die Entwicklung des Unternehmens im Sinne des Markenversprechens. - nachhaltig:
Eine Marke ist kein Saisonartikel. Sie ist auf Dauer angelegt – und das Unternehmen muss einiges dafür tun, dass sie lebendig bleibt. Dafür sorgen ein Umsetzungsplan mit internen und externen Meilensteinen, sowie ein Controlling, das anhand von vorab definierten Kennzahlen überprüft, wie gut sich der Arbeitgeber in Richtung seines Markenversprechens entwickelt.
Der Employer-Branding-Prozess
Am Beginn des Employer-Branding-Prozesses steht immer eine Analyse der Ist-Situation, ausgehend von den drei Säulen des Employer Brandings:
- Arbeitgebermarke/Branding – Unterneh-mens-DNA erkennen und sichtbar machen
- Mitarbeiter binden – interne Verankerung von Werten und Kultur ausgehend vom Branding
- Mitarbeiter finden – Arbeitgebermarke sichtbar machen und passende Mitarbeiter ansprechen
In Workshops mit Geschäftsleitung, Führungskräften und Mitarbeitern besprechen die Beteiligten dann folgende Themen: Wo steht das Unternehmen bezogen auf seine Arbeitgebermarke? Was macht die Arbeit bei eben diesem Unternehmen aus? Was ist richtig gut, was sind die Schattenseiten? Und wohin soll sich der Arbeitgeber entwickeln? Ziel der Workshops ist es, authentische Inhalte zu sammeln, die das Unternehmen von innen heraus strahlen lassen, und es so zu einem Leuchtstern am Arbeitsmarkt machen. Darauf aufbauend lassen sich Aussagen über die Stärken und Wertewelten der Organisation treffen.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Zielgruppenanalyse. Welche Mitarbeitergruppen beschäftigt der Arbeitgeber? Was erwarten diese Menschen von ihrem Unternehmen? Was begeistert sie und was schreckt sie eher ab? Wo halten sich potenzielle Mitarbeiter bevorzugt auf? Wie lassen sie sich erreichen? Und wie stellen sie sich den perfekten Bewerbungsprozess vor?
Von den Ergebnissen dieser Analysephase lassen sich Vorhaben ableiten, die sowohl das interne als auch das externe Arbeitgebermarketing umfassen. Entscheidend dabei ist es, einen klaren Cultural Fit zu entwickeln, um die passenden Kandidaten für das Unternehmen anzusprechen. Weitere Umsetzungsbeispiele betreffen zum Beispiel Karriereseiten und Stelleninserate, aber auch die Onboarding-Prozesse und das Führungsverhalten. Abgestimmt auf die wichtigsten Arbeitnehmer-Kontaktpunkte werden dann strukturierte und skalierbare Umsetzungsschritte festgelegt. Zwei Beispiele zeigen, wie Employer-Branding-Prozesse mit ganz unterschiedlichen Problemstellungen gelingen können.
Beispiel: IPP-Hotelgruppe
Bei der Hotelgruppe IPP standen die Zeichen zu Beginn des Projekts im Jahr 2018 auf Wachstum. Das Unternehmen, das Alexander Ipp 1997 gegründet hatte, umfasste mittlerweile acht Standorte in ganz Österreich. Die Häuser haben unterschiedliche Ausrichtungen: Neben den „Landgut & Spa“-Hotels im ländlichen Raum, gibt es die „Arte-Hotels“ in Städten wie Wien, Krems, Linz, Salzburg oder Kufstein, die kulturelle Events in Kooperation mit lokalen Kunst- und Kulturveranstaltern bieten. Die jüngste Produktgruppe beinhaltet das „Smart & Budget“-Hotel in Wieselburg, das sich primär an Geschäftsreisende richtet.
Wie kann eine doch recht heterogene Hotelgruppe wie diese einen gemeinsamen Spirit und eine einheitliche Arbeitgebermarke entwickeln? In den Anfängen hatte Gründer Alexander Ipp zwei der ursprünglich drei Häuser operativ geführt und, wie er sagt, „viel von mir persönlich hineingegeben“. Das war möglich, weil sich die Standorte in einem Radius von 90 Kilometern zueinander befunden haben. Mit der weiteren Expansion wurde es immer schwerer, vor Ort zu sein. „Aber es war mir nicht weniger wichtig, dass an den Standorten alles in meinem Sinne stattfindet – und zwar nicht nur kaufmännisch-wirtschaftlich, sondern auch vor allem, was Mitarbeiterführung, Teamführung und Teamentwicklung betrifft“, erzählt Ipp. So entstand die Idee, einen roten Faden oder eine Guideline zu entwickeln, die gewährleistet, dass alle IPP-Hotels nach denselben Prinzipien funktionieren. Vorab galt es aber, den „IPP-Spirit“ genau zu beschreiben.
In Absprache mit dem Firmengründer haben wir als Beraterinnen „Leuchtsterne-Workshops“ mit den Mitarbeitern organisiert, bei denen ein Querschnitt der Belegschaft, also zum Beispiel Empfangschefs, Stubenmädchen, Buffet-Kräfte und Köche, gemeinsam darüber diskutierten, was die Arbeit in den IPP-Hotels ausmacht, was positiv ist und was die Mitarbeiter sich zusätzlich wünschen würden. Ein wertschätzender und respektvoller Umgang miteinander gehörte zu den Aspekten, die nach Meinung der Workshopteilnehmer das Arbeiten bei IPP ausmachen. Hinzu kam eine starke Teamorientierung, gepaart mit dem Wunsch, weiterzukommen und erfolgreich zu sein. Gemeinsam suchten die Workshopteilnehmer nach Aussagen, die ihren Arbeitgeber besonders gut beschreiben, wie zum Beispiel „Nicht locker lassen, Ziele erreichen“ oder „Ich bin Teil der IPP-Familie“.
So entstand die Wertewelt „Ich bei IPP“, die auf vier Säulen basiert (Fühl dich, Gönn dir, Wachs mit, Lern bei). Zu jeder der vier Säulen entwickelte das Unternehmen einen Aktionsplan:
- Fühl dich beinhaltet alles, was der Integration und dem Teamgefühl dient, zum Beispiel der Onboarding-Prozess mit einer umfangreichen Infomappe, der Buddy, der die neuen Mitarbeiter in den Anfängen begleitet, die Team-Events oder auch die Art der Mitarbeiterführung.
- Gönn dir umfasst die Benefits des Unternehmens. Einmal im Jahr kann jeder Mitarbeiter kostenlos im eigenen Hotel übernachten – und einen Freund oder Angehörigen mitbringen. Auch in den anderen Hotels der IPP-Gruppe können die Mitarbeiter zum Selbstkostenpreis Urlaub machen. Ein Beetle-Cabrio steht ihnen immer mal wieder kostenlos für Ausflüge zur Verfügung. Das Auto wechselt in der wärmeren Jahreszeit alle paar Wochen von Hotel zu Hotel und die Mitarbeiter können es tageweise kostenlos buchen.
- Wachs mit bezieht sich auf die Möglichkeit, dass sich alle Mitarbeiter weiterbilden können – und zwar nicht nur fachlich. Auch eine Fortbildung in einem privaten Hobby, wie zum Beispiel der Imkerei, ist möglich.
- Lern bei steht für die klassische Ausbildung bei IPP, die bei der Lehre beginnt und über Fachschulungen bis zur Führungskräfteweiterbildung reicht.
Im April 2019 präsentierte Alexander Ipp bei einer Auftaktveranstaltung im Hotel in Wieselburg die Ergebnisse der Workshops und den darauf basierenden Aktionsplan. So sollten künftig viele Prozesse in den Hotels einheitlich ablaufen – vom Onboarding über Workshops und Weiterbildungen bis zur Mitarbeiterführung. „Wir haben versucht, zu standardisieren“, erklärt Alexander Ipp. „Andererseits haben diese Dinge nur dann einen Wert, wenn sie persönlich bleiben. Der Standard im Employer Branding muss dazu dienen, dass er systemisch alle erfasst – und nicht nur für einige wenige gilt. Aber das soll nicht dazu führen, dass es aufgesetzt erscheint. Diese Differenzierung ist ganz wesentlich.“ Damit die Arbeitgebermarke authentisch wirkt, war es auch so wichtig, Vertreter aus allen Häusern in den Prozess einzubinden und ihre Stimmen einfließen zu lassen. So konnte das Projekt letztlich den Zusammenhalt innerhalb der Gruppe stärken.
Dann kam Corona – und Mitte März schlossen auch die IPP-Hotels, zunächst auf unbestimmte Zeit. „Ich musste Leute in Kurzarbeit schicken und einen großen Teil der Mannschaft freisetzen“, erzählt Ipp. „Aber mir war es wichtig, ihnen zu versichern, dass sie Teil des Teams sind, wenn es wieder losgeht.“ Einmal im Monat versendete Ipp daher eine Botschaft an alle Mitarbeiter. Als die Häuser wieder öffnen konnten, kamen auch 98 Prozent der Belegschaft, die das Unternehmen wieder beschäftigen konnte, zurück. Nach wie vor haben einige Häuser aber zu kämpfen. Vor allem der Stadt-Hotellerie, die nicht mit der Corona-kompatiblen Abgeschiedenheit der Resorts dienen kann, „sind alle Stecker gezogen“, so Ipp. Umso wichtiger ist es, dass jetzt alle an einem Strang ziehen. „Das Zauberwort für Qualität und für Erfolg ist letztendlich Kontinuität“, so Ipp, der auch Präsident der Hotelliersvereinigung Niederösterreich ist. „Nur das, was du im Kontinuum gut machen kannst, wird dauerhaft von Bestand
sein.“
Beispiel: Trepka Bauunternehmung
Auch die Firma Trepka wurde von der Krise getroffen, wenngleich die Auswirkungen in der Baubranche deutlich milder ausfielen als im Hotelgewerbe. „Nach einer kurzen Pause konnten wir – mit den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen und nach den geltenden Regeln – weiterarbeiten, worüber ich sehr froh bin“, erzählt Geschäftsführer Georg Wieder, der das niederösterreichische Familienunternehmen in der vierten Generation führt. Trepka ist ein regional tätiger Betonfertigteil-Lieferant mit Schlosserei, der heuer sein 100-jähriges Bestehen feiert.
Als Trepka das Employer-Branding-Projekt im Jahr 2019 startete, gab es mehrere Herausforderungen: Zum einen hatte vor Kurzem ein Generationenwechsel stattgefunden: Die Geschäftsführung war auf den Schwiegersohn der Familie übergegangen. Daher stellte sich in der Belegschaft die Frage, was sich im Unternehmen verändern und wie es weitergehen wird. Zum anderen war es für den regionalen Arbeitgeber, der im Recruiting bislang überwiegend von Mund-zu-Mund-Propaganda gelebt hatte, zunehmend schwierig, sich in der Außendarstellung gegen größere
und bekanntere Bauunternehmen durchzusetzen. Selbst in der Landeshauptstadt St. Pölten sei der Bekanntheitsgrad als Arbeitgeber nicht hoch gewesen, erzählt Wieder. „Wir haben mit sehr niedrigen Bewerberzahlen zu kämpfen gehabt – und zwar unabhängig davon, ob es um Angestellte oder Arbeitgeber ging“, ergänzt der Geschäftsführer.
Ein weiterer Punkt war die Bindung der Mitarbeiter zum Unternehmen, die Wieder verbessern wollte, um die Kontinuität in der Organisation sicherzustellen.
Auch in der Firma Trepka haben wir in Workshops mit den Bereichsleitern und den Mitarbeitern gearbeitet, um herauszufinden, was das Unternehmen besonders macht und wo seine Wurzeln liegen. Heraus kamen Aspekte wie Sicherheit und Beständigkeit, die das Familienunternehmen vermittelte. Es war auch viel Stolz darauf zu spüren, individuelle Lösungen für die Baubranche zu entwickeln. „Wir machen im Bereich der Betonfertigteile Sonderanfertigungen, die andere nicht machen
wollen oder können“, erklärt Geschäftsführer Wieder. So entstand der Leitsatz „Trepka baut auf Sie … auf Leute, die mutig Neues angreifen“, mit dem das Unternehmen im Employer Branding arbeitet. Ein weiterer Leitsatz bezieht sich auf das familiäre Verhältnis im Unternehmen, in dem der Geschäftsführer nahezu jeden Arbeiter mit Namen kennt: „Trepka baut auf Sie … auf Persönlichkeiten, die keine Nummer sein wollen“.
Auf Basis der Leitsätze entstanden Sujets, die mit Bildern von Mitarbeitern aus dem Unternehmen arbeiten. Diese nutzt Trepka nicht nur in der Außendarstellung, sie sollen bald auch als große Plakate in den Produktionshallen und Büros des Unternehmens hängen. Die Bilder sollen das Wir-Gefühl stärken, das Trepka zudem mit einigen organisatorischen
Veränderungen zu verbessern sucht. Während Arbeiter und Angestellte bislang eher in getrennten Sphären gewirkt haben, sollen künftig gegenseitige Besuche und Führungen durch die verschiedenen Unternehmensbereiche stattfinden. Auch sollen die Informationsflüsse
im Unternehmen verbessert werden.
Damit zum Beispiel auch die Arbeiter regelmäßige Infos über Aktuelles aus dem Unternehmen erhalten, will Trepka künftig mit Info-Screens arbeiten oder Tablets nutzen, um Informationen zu teilen. „Der Prozess der Mitarbeiterbindung wird uns noch einige Jahre beschäftigen“, glaubt Georg Wieder. Der Anfang sei jedoch gemacht. Die Mitarbeiter hätten das Projekt sehr positiv aufgenommen und es enorm geschätzt, sich zum Unternehmen äußern zu können. „Für uns war es in jedem Fall sehr hilfreich, dass wir
uns so intensiv mit der DNA des Unternehmens befasst haben“.
Fazit
Alexander Ipp fasst die Erfolgsfaktoren für gelungenes Employer Branding wie folgt zusammen: „Gutes Employer Branding erfordert von Beginn an drei Dinge: professionelle externe Begleitung, eine Struktur im Unternehmen, die das gesamte Team einbindet – Führungskräfte wie auch Mitarbeiter – sowie ein ehrliches und dauerhaftes Engagement des Unternehmers.“
Webtipps
www.parkos-greger.at
www.woertlich.at
www.ipp-hotels.at
www.trepka.at
Quelle
Dieser Beitrag erschien erstmalig in der Fachzeitschrift personal manager, Ausgabe 5/2020. www.personal-manager.at