Fahren Unternehmen ihr Recruiting zurück? Wie finden Arbeitgeber jetzt heraus, ob Bewerber zu ihnen passen? Und wie erleben die Recruiter selbst die Krise? Antworten bietet eine Blitzumfrage des Institute for Competitive Recruiting (ICR), an der in den vergangenen zwei Wochen mehr als 500 Arbeitgeber aus dem deutschsprachigen Raum teilgenommen haben.
Die Corona-Krise trifft das Recruiting sehr
hart. Deutlich weniger Bewerber treffen auf deutlich weniger Nachfrage seitens
der Unternehmen. Nur wenige Branchen bilden hier die Ausnahmen. Ein Lichtblick
bildet die IT Branche. Dort wollen 35 Prozent der teilnehmenden Unternehmen ihr
Recruiting in der Krise ausbauen.
Die große Mehrheit der Studienteilnehmer
äußert in der Studie zudem die Absicht, das Recruiting deutlich stärker zu
digitalisieren. Kleine und mittelständische Betriebe haben dabei den größten
Nachholbedarf. In einigen Prozessschritten des Recruitings ist die Digitalisierung
zudem deutlich leichter umzusetzen (Videointerviews) als in anderen
(Onboarding). Hierfür und für externe Personalmarketingaktivitäten suchen die
Unternehmen verstärkt Virtualisierungsmöglichkeiten. Vielleicht werden wir alle
die Corona-Krise als den lange benötigten Boost
für die Digitalisierung des Recruitings in Erinnerung behalten?
Zahl der Bewerbungen sinkt
Die Mehrheit der teilnehmenden Arbeitgeber (46%) verzeichnet weniger (32%) oder sogar deutlich weniger (16%) Bewerbungen. 44 Prozent haben keine Änderungen im Bewerbungseingang festgestellt. Nur sechs Prozent erhalten mehr oder deutlich mehr Bewerbungen. Weniger Bewerbungen erhalten 50 Prozent der teilnehmenden Unternehmen in der Logistikbranche, gefolgt vom Baugewerbe und dem Handel. In den Branchen verarbeitende Industrie, Life Science, Öffentlicher Sektor geben jeweils über 10 Prozent der teilnehmenden Unternehmen an, mehr Bewerbungen zu erhalten. Die Anzahl der Bewerbungen in der Schweiz wurde von der Corona Krise am heftigsten getroffen. Dort hat kein Unternehmen angeben können, mehr oder deutlich mehr Bewerbungen zu bekommen.
Mehrheit glaubt, Recruiting wird abnehmen
56 Prozent der teilnehmenden Unternehmen gehen davon aus, dass das Recruiting in der Wirtschaft insgesamt abnehmen wird. Auf die Frage, wie sich das Recruiting im eigenen Haus entwickeln wird, antworten nur 44 Prozent der teilnehmenden Unternehmen, dass es zurückgefahren wird. Dabei gibt es wenig Unterschied im DACH-Vergleich. Die Wahrnehmung der Gesamtentwicklung ist im deutschsprachigen Raum somit deutlich schlechter als die Erwartungen für das eigene Unternehmen. Nur elf Prozent der Arbeitgeber gehen von einem Ausbau des Recruitings aus.
Das Corona-Virus als Digital Boost?
Zwei Drittel der Unternehmen – darunter
Betriebe fast aller Größenklassen – wollen das Recruiting stärker
digitalisieren. Dabei gibt es beim Vergleich mit dem aktuellen Stand einen
hohen Aufholbedarf hinsichtlich der Digitalisierung des Recruiting bei KMU. Bei
einer Branchenbetrachtung sehen Unternehmen aus den Branchen Rohstoffgewinnung
und -verarbeitung, Life Science und Automobilbau den größten Bedarf an der
weiteren Digitalisierung des Recruitings.
Bei Bewerberinterviews in Zeiten von
Corona sind zeitgleiche Videointerviews bei 56 Prozent der Unternehmen
das Mittel der Wahl. Mehr Telefon- und zeitversetzte Videointerviews: so
wollen AG zukünftig Bewerberinterviews führen.
Bezogen auf Candidate Assessment sind
die Lager geteilt. Ein Drittel bleibt bei analogen Verfahren, ein weiteres
Drittel ist schon digital unterwegs, ein Fünftel will stärker digitalisieren.
Auch beim Cultural
Fit Check gibt es eine Zweiteilung. 50 Prozent bleiben bei analogen
Verfahren, 20 Prozent prüfen den Cultural Fit digital und 15 Prozent wollen stärker
digitalisieren
Assessment
Center: 60 Prozent der Arbeitgeber machen keine
Assessment Center, 13 Prozent organisieren sie digital, zwölf Prozent
verzichten darauf. Weitere zwölf Prozent wissen noch nicht, wie sie künftig mit
Assessment Centern umgehen.
Homeoffice ist für die Mehrheit der Recruiter keine besondere
Herausforderung. Zwei Drittel haben
bereits (teilweise) von zu Hause aus gearbeitet, der Rest ist auf dem Weg
dahin. Fast der Hälfte werden allerdings
die Kolleginnen und Kollegen fehlen.
Alle Aktivitäten sind beim externen Personalmarketing heruntergefahren.
Die Suche nach Virtualisierungsmöglichkeiten beginnt.
Beim Onboarding herrscht die größte Unsicherheit bei den Arbeitgebern. 41 Prozent wissen noch nicht, wie sie ihr Onboarding jetzt darstellen sollen.
Webtipp
Die komplette Studie zum Download gibt es hier.