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Job Crafting als Turbo für Transformation

Es war schon immer wichtig, einen tieferen Sinn in dem zu finden, was wir tun. Doch die Transformation der Arbeitswelt hat das Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit in den vergangenen Jahren verstärkt. Viele Unternehmen befinden sich in grundlegenden Veränderungsprozessen, in denen sie nicht nur neue Produkte oder Dienstleistungen anbieten, sondern auch sinnstiftende Arbeitsumgebungen schaffen müssen, um nachhaltig erfolgreich zu sein.

Veränderungen, kurze Planungshorizonte, Ungewissheit, Volatilität und Komplexität prägen unsere Arbeitswelt. Selbst in kleinen und traditionellen Betrieben sind Veränderungen zu spüren – sei es durch den anhaltenden Arbeitskräftemangel oder die sich nicht beruhigende Inflation quer durch Europa. Gute Mitarbeiter:innen zu finden und zu halten ist schwer. Genau hier setzt Job Crafting an – also das aktive und individuelle Gestalten der eigenen Arbeit.

Wie funktioniert Job Crafting?

Wertschätzung und das Gefühl, in die Arbeit eingebunden zu sein, erfahren Mitarbeiter:innen vor allem dann, wenn sie selbst aktiv an der Gestaltung ihrer Arbeit teilhaben können. Wer eigenverantwortlich handeln und Ideen schmieden kann, die dann auch umgesetzt werden, ist zwangsläufig motiviert. Daher setzen einige Unternehmen bereits auf Modelle, die es Mitarbeiter:innen ermöglicht, aktiv an Ideefindungsprozessen teilzunehmen. So können Mitarbeitende von Google 20 Prozent ihrer Zeit für kreative Projekte nutzen, beim Post-it-Erfinder 3M sind es 15 Prozent.

Das Telekommunikationsunternehmen Swisscom hat mit dem Kickbox-Programm die Möglichkeit geschaffen, dass sich Beschäftigte mit ihren Ideen bewerben können. All diese Initiativen fördern ein Denken „out-of-the-box“ und laden zu Eigeninitiative und Innovation ein. Die Unternehmen geben ihren Mitarbeiter:innen damit die Freiheit und die Möglichkeit, ihre Arbeit selbst zu gestalten und Ideen einzubringen.

Wie wirkt Job Crafting auf Transformation?

Mitarbeiter:innen, die Job Crafting praktizieren, sind nicht mehr passive Empfänger:innen von Veränderungen, sondern können aktive Gestalter:innen des Wandels und damit Vorreiter und Zugpferde im Unternehmen werden. Sie bringen ihre Ideen und ihr Know-how in Transformationsprozesse ein und tragen so zu einem reibungslosen und erfolgreichen Ablauf bei.

Als Beispiel sei hier ein Produktionsmitarbeiter in einem Industriebetrieb erwähnt, der durch Job Crafting neue Programmiersprachen lernt und damit sein Wissen über die Steuerung der Produktionsanlagen erweitert. So kann er bei der Einführung neuer digitaler Prozesse mitwirken und seine Expertise einbringen.

Wenn es Unternehmen gelingt, die Bereitschaft und Fähigkeit der Beschäftigten zu fördern, ihren eigenen Job aktiv zu gestalten, legen sie damit einen wichtigen Grundstein für Transformation – und es gelingt ihnen eher, die  Herausforderungen der Zukunft erfolgreich meistern.

Wie lässt sich Job Crafting praktisch umsetzen?

Die meisten Menschen haben Ideen, wie sie ihre Arbeit sinnvoll gestalten können. Unternehmen können sie dabei aktiv unterstützen. Einige Beispiele:

  • Ermutigen Sie Ihre Beschäftigten immer wieder, eigene Ideen und Projekte zu entwickeln. Machen Sie dieses Thema zum Beispiel zu einem fixen Agenda-Punkt in Meetings.
  • Schulen Sie Führungskräfte, wie sie Mitarbeitende ermutigen können, eigene Projekte zu entwickeln und zu verfolgen.
  • Starten Sie Ideenwettbewerbe zu bestimmten Fragestellungen, die für Ihr Unternehmen wichtig sind.
  • Geben Sie zeitliche Freiräume für eigene Projekte (z. B. ein Tag pro Monat).
  • Heben Sie Projekte der Mitarbeitenden vor den Vorhang. Besprechen Sie diese in Meetings, veröffentlichen Sie dazu Berichte im Intranet.
  • Nutzen Sie die Expertise der Beschäftigten: Ermutigen Sie diese, ihr Wissen in kleinen Schulungen oder in Meetings zu teilen. So fördern Sie die individuelle Entwicklung.

Was verändert sich durch Jobcrafting für die Beschäftigten?  

1. Glück

Wer glücklich ist, reduziert das Stresshormon Cortisol und ist damit resistenter gegen Stress, seltener krank und in Summe leistungsfähiger im beruflichen Kontext. Es wäre jedoch falsch anzunehmen, dass Arbeitszufriedenheit mit Glück gleichzusetzen ist. Viele Führungskräfte gehen von der falschen Annahme aus, dass Faktoren wie Gehalt, Boni, zusätzliche Urlaubstage oder sonstige extrinsische Motivatoren zum glücklichen Empfinden ihrer Mitarbeiter:innen beitragen (Rehwaldt, 2020). Arbeitszufriedenheit basiert im Gegensatz zu Arbeitsglück eher auf äußeren Einflüssen, während Glück durch intrinsische Faktoren entsteht.

Daher ist es nicht überraschend, dass Selbstwert und Optimismus starke Korrelationen mit Glück aufweisen. Führungskräfte betonen, dass glückliche Mitarbeiter:innen eine höhere Leistungsbereitschaft zeigen, die hauptsächlich durch intrinsische Motivation entsteht. Diese Motivation resultiert aus eigenen Ideen und Innovationen, die zum Wettbewerbsvorteil des Unternehmens beitragen. Wenn wir Ziele erreichen, fördert das unsere Motivation zusätzlich. Insbesondere drei Schlüsselfaktoren hat die Forschung als bedeutend für das Glücksempfinden am Arbeitsplatz identifiziert: Sinnhaftigkeit, Selbstverwirklichung und das Gemeinschaftsgefühl.

2. Sinnhaftigkeit

Im Gegensatz zum reinen Zweck einer Aufgabe, verweist der Sinn auf ihre tiefergehende Intention. Gemäß Rehwaldt (2020) entsteht Sinn durch unsere individuelle subjektive Einschätzung, einen unverzichtbaren Beitrag zu einem übergeordneten und bedeutsamen Ziel zu leisten, sowie durch eine emotionale und kognitive Übereinstimmung (Kohärenzgefühl) mit den Aufgaben, Zielen und Rahmenbedingungen einer Organisation. Die Bedeutung und der tiefere Sinn einer Handlung werden besonders deutlich, wenn nicht nur das „Was?“ und „Wann?“, sondern vor allem das „Warum?“ des Ziels bekannt ist.

Sinn vermitteln wir durch ein übergeordnetes Ziel. Dabei geht es nicht nur um den Nutzen oder Wert der Handlung, sondern gleichzeitig um eine Perspektive. Wenn persönliche Wertvorstellungen mit den Zielen des Unternehmens übereinstimmen, kann das ein Gefühl der Sinnhaftigkeit hervorruft. Daher ist es so wichtig, dass Organisationen Sinnangebote machen – und Führungskräfte nicht nur über tägliche To-dos, sondern auch über die Sinnhaftigkeit der Arbeit sprechen.

3. Selbstverwirklichung

Ein Gefühl der Selbstverwirklichung entsteht, wenn wir eigene Konzepte und Vorhaben durch individueller Fähigkeiten und Talente umsetzen können. In diesem Prozess verknüpft sich Selbstverwirklichung mit dem Empfinden von Selbstwirksamkeit (vgl. Rehwaldt 2020). Individuelle Ideale und Überzeugungen prägen unsere persönlichen Vorstellungen und Ambitionen. Diese Vorstellungen zu realisieren, ist eine Form von Selbstverwirklichung. Durch den Einsatz angeborener Talente und persönlicher Stärken können wir besondere Leistung erbringen. Leistungserwartungen zu erreichen oder zu übertreffen, führt zu einem Erfolgserlebnis und dem Empfinden von Glück.

4. Gemeinschaftsgefühl

Sich einer Gemeinschaft zugehörig zu fühlen und Teil eines größeren Ganzen zu sein, ist ein menschliches Grundbedürfnis. Wenn sich Menschen zugehörig fühlen und wissen, dass sie mit ihrem Wirken einen Beitrag leisten, bedingt dies wiederum ein Gefühl von Zusammengehörigkeit. Dazu gehört beispielsweise auch das gemeinsame Arbeiten an einem übergeordneten Ziel. Das Erreichen eines Ziels durch Teamarbeit und die gemeinsame Freude darüber, hat nach Rehwaldt (2020) zweierlei Effekte: Einerseits verstärken wir die Freude über den gemeinsam erreichten Erfolg durch gegenseitiges Lob und wir stärken andererseits dadurch das Gemeinschaftsgefühl.

Was verändert Job Crafting für die Unternehmen?

Wenn Mitarbeiter:innen die Möglichkeit haben, ihren Arbeitsplatz selbst zu gestalten, sind sie häufig glücklicher und fühlen sich ihrem Unternehmen stärker verbunden. Das Vertrauen, das ihnen entgegengebracht wird, erleben sie als Wertschätzung. Und wenn ihre Fähigkeiten und Talente gewürdigt werden, erleben sie einen größeren Sinn in ihrer Arbeit. Dies steigert sowohl das Engagement als auch die Identifikation mit der Organisation – und sie bleiben ihr länger treu. Das Unternehmen profitiert von einer höheren Produktivität, einer größeren Innovationskraft und einer niedrigen Fluktuationsrate, was Kosten und Zeit spart.

Job Crafting kann daher einen positiven Einfluss auf die organisatorische Kultur, die Leistungsfähigkeit sowie die Fähigkeit einer Organisation haben, sich anzupassen und zu wachsen. Dies schafft eine Grundlage für transformative Prozesse, die notwendig sind, um in einer ständig verändernden Arbeitswelt erfolgreich zu agieren.

Quelle

Das Arbeitsglück messen. Controlling & Management Review. Von Ricarda Rehwaldt (2020) 64 (3), S. 64 bis 69.

Lisa Zach
Dozentin und wissenschaftliche Mitarbeiterin at Institut für persönliche Kompetenzentwicklung, Fachhochschule Wiener Neustadt | + posts

Lisa Zach ist Dozentin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für persönliche Kompetenzentwicklung, Fachhochschule Wiener Neustadt. Job Crafting gehört zu ihren Forschungsthemen.

Mario Kwas
Leiter des Masterstudiengangs Entrepreneurship & Applied Management at Fachhochschule Wiener Neustadt | + posts

Mario Zach ist Co-Founder des Instituts für Intrapreneurship und Leiter des Masterstudiengangs Entepreneurship & Applied Management an der Fachhochschule Wiener Neustadt. Job Crafting gehört zu seinen Forschungsthemen.

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Lisa Zach

Dozentin und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Institut für persönliche Kompetenzentwicklung, Fachhochschule Wiener Neustadt
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Mario Kwas

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Mario Zach ist Co-Founder des Instituts für Intrapreneurship und Leiter des Masterstudiengangs Entepreneurship & Applied Management an der Fachhochschule Wiener Neustadt. Job Crafting gehört zu seinen Forschungsthemen.