Fit für Wien und das Klima: Employer Branding bei den Wiener Stadtwerken

Ein Konzern – viele Marken: Vor dieser Situation standen die Wiener Stadtwerke im Herbst 2020, als der Konzern begann, eine gemeinsame Employer-Branding-Strategie zu entwickeln. Über die Hintergründe und Ergebnisse berichten Marika Püspök, Leiterin Konzernkommunikation, und Sabine Scharf, Leiterin Konzernpersonalentwicklung, im Interview.

Sabine Scharf und Marika Püspök (v. l.), Wiener Stadtwerke

Frau Scharf, Frau Püspök, wie kam es zur Employer-Branding-Initiative bei den Wiener Stadtwerken?

Sabine Scharf: Wir haben schon vor einigen Jahren eine Arbeitgebermarke für unseren Konzern entwickelt, die nicht grundsätzlich falsch ist, aber auch nicht unique. Sie tut niemandem weh, hat aber auch nie jemanden betroffen, berührt oder inspiriert. Kurz gesagt, es ist also ein Papier entstanden, das in der Schublade lag und eigentlich nicht zum Leben erweckt wurde. Wir standen aber in den vergangenen Jahren zunehmend vor der Herausforderung, dass wir mit unseren vielen unterschiedlichen Unternehmen und Geschäftsbereichen für die Bewerberinnen und Bewerber nicht wirklich greifbar sind. Wir werden nicht als großes Ganzes verstanden, sondern eher nur kleinteilig mit den einzelnen Marken.

Zugleich ist der War of Talents für uns schon sehr präsent. Wir werden bis 2030 sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Pension verabschieden und auch aufgrund der natürlichen Fluktuation müssen wir uns ständig erneuern. Vor diesem Hintergrund haben wir als Kommunikation und HR im vergangenen Jahr von unseren Geschäftsführungen den Auftrag bekommen, gemeinsam eine konzernübergreifende Arbeitgebermarke zu initiieren.

Marika Püspök: Dabei haben wir uns radikal an den Nutzerinnen und Nutzern orientiert, also den potenziellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch den bestehenden. Denn wir wollen nicht nur Talente finden, sondern sie auch binden. Daher haben wir uns die gesamte Employee und Candidate Journey angeschaut – angefangen von der Frage „Wie attraktiv bin ich als Unternehmensgruppe?“ bis hin zu „Wie können Alumnis der Gruppe verbunden bleiben?“.

Wie sind dabei vorgegangen?

Sabine Scharf: Wir haben den Prozess ergebnisoffen gestartet und nicht versucht, die Gruppe in eine bestimmte Richtung zu positionieren. Stattdessen haben wir Fragen gestellt – in Interviews mit Führungskräften und in internen Workshops mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus allen Unternehmen und  sämtlichen Aufgabenbereichen. Es ging darum, wie unsere Gesprächspartner die Stadtwerke Wien sehen, wie wir als Arbeitgeberin sind, was die Werte des Konzern sind und welchen USP wir haben.

Marika Püspök: Zusätzlich dazu haben wir im Prinzip dieselben Fragen extern einem Sample von tausend Menschen gestellt, damit wir die interne und die externe Perspektive übereinander legen können. Hinzu kamen Tiefeninterviews mit relevanten Stakeholdern wie Partnerinnen und Partnern, Meinungsbildern, teilweise sogar Mitbewerberinnen. Das heißt, wir haben diese Explorationsphase sehr breit aufgemacht, um genau sagen zu können, wo wir jetzt gerade stehen.

Sabine Scharf: Das Ganze habenwir dann noch ergänzt mit Personalkennzahlen wie der Belegschaftsstruktur, der Fluktuation oder der Behaltedauer. Sprich: Wir haben die Analyse qualitativ und quantitativ unterfüttert.

Was waren die größten Herausforderungen in der Analysephase?

Marika Püspök: Herausfordernd war, die Wahrnehmung dafür zu schärfen, dass es wichtig ist, sich in dieser Breite dem Thema Employer Branding zu widmen. Zwar war der Treiber aus dem Arbeitsmarkt riesig. Aber es war anfangs dennoch überhaupt nicht klar, ob das auch verstanden wird. Daher war es auch enorm wichtig, fundierte Zahlen zu haben, um belegen zu können, welchen Bedarf wir wirklich haben. Aus diesem Grund haben wir das Projekt mit unserem Partner Brainds, der uns im Analyse- und Strategieprozess begleitet hat, bewusst sehr fundiert, tiefgehend und breit aufgestellt.

Sabine Scharf: Die wohl größte Herausforderung ist die Heterogenität im Konzern. Wir haben viele verschiedene Unternehmen und Marken, die schon lange am Markt sehr präsent sind. Ihnen den Mehrwert deutlich zu machen, den es hat, den Blick auf die gesamte Gruppe zu richten, war ein Prozess, der viel Diskussion mit sich gebracht hat, viel Ausverhandeln und Reflexion. Das wäre nicht gegangen, wenn nicht breite und fundierte Ergebnisse da gewesen wären, die belegt haben: Wir müssen etwas tun.

Welche Ergebnisse haben die Analysen gebracht?

Marika Püspök: Sie hat unsere Hypothese bestätigt, dass aufseiten des Bewerbermarktes nicht klar ist, was die Stadtwerke Gruppe eigentlich macht und wer dazugehört. So nehmen potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Karrierechancen, die wir bieten, gar nicht in dieser Breite und Fülle wahr – und es ist fraglich, ob wir bei bestimmten Absolventengruppen überhaupt zum relevanten Set potenzieller Arbeitgeber gehören. Ein Beispiel ist die IT. Wir haben weit über 500 IT-Stellen in der Gruppe und gehören damit vermutlich zu den größten Arbeitgebern für IT in Österreich. Das weiß aber niemand. Daher haben wir Probleme im Recruiting. Selbst Partnerinnen und Partnern von uns sind die Gruppenzugehörigkeiten nicht immer klar.

Sabine Scharf: Ein weiteres Ergebnisse aus der Analysephase war, dass im Prinzip alle unsere Services zur Klimaneutralität beitragen. Klimaneutralität liegt sozusagen in der Kern-DNA unseres Unternehmens. Der zweite Aspekt, der uns ausmacht, ist, dass wir Wien am Laufen halten. Das heißt, Leistungen für unsere Stadt zu erbringen und dafür Sorge zu tragen, dass Wien klimafit wird, ist unser Kern, den wir mitgenommen haben. auf Basis dessen haben wir unser Arbeitgeberversprechen, unsere Positionierung, unsere Werte und unser Mission Statement formuliert.

Wie fließen die Erkenntnisse nun in Ihren Employer-Branding-Prozess?

Marika Püspök: Wir sind dabei, die neue Positionierung der Wiener Stadtwerke in der internen und externen Kommunikation, in Recruiting, Onboarding und Development umzusetzen. Für die internen Kommunikation arbeiten wir gerade die Klimagruppen-Story aus. Wir erzählen, warum wir uns als Wiener Stadtwerke auf das Thema Klimaneutralität fokussieren. Neulich haben wir beispielsweise einen Climate Impact Day organisiert, an dem wir sehr niederschwellig Mitarbeitende aufgefordert haben, ihren Beitrag zur C02-Reduktion zu leisten. Außerdem arbeiten wir gerade an einer Employer-Branding-Kampagne, um die Stadtwerke Gruppe darzustellen und zu erklären, wer dazugehört.

Sabine Scharf: Im Recruiting und Onboarding haben wir uns mithilfe von Personas und Prototypen angeschaut, wie die Recruiting Journey für die verschiedenen Zielgruppen aussehen können – mit dem dazugehörigen Onboarding. Die Personas haben auch gezeigt, in welchen Bereichen es für uns schwierig ist, Kandidatinnen und Kandidaten zu finden und zu halten. Das Ganze unterfüttern wir mit Daten aus der Personalplanung: Wo geht die Reise hin? In welche Richtung entwickeln sich die Berufsbilder?

Im Bereich der Entwicklung arbeiten wir an einem Klima-Traineeprogramm, das für die Trainees die Durchlässigkeit in der Gruppe sichtbar machen soll. Sie können ihre berufliche Reise im einen Unternehmen beginnen und dann in anderen weiterführen. Inhaltlich geht es in dem Programm um Bereiche, in denen wir einen sichtbaren Klimabeitrag leisten, E-Mobilität zum Beispiel.

Die weiteren Felder werden wir noch sukzessive analysieren und zwar immer mit den verschiedenen Unternehmen und Fachbereichen. Wir arbeiten nicht nur in unserer HR- und Kommunikationsblase, sondern holen uns die Sichtweise von den betreffenden Personen ein und binden sie ein.

Interview: Bettina Geuenich

Webtipp:

Mehr Hintergrundinfos zum Projekt bietet der Artikel „Employer Branding und die Klimachance: Wie Arbeitgebermarken zu echten Transformations-Werkzeugen werden“.

Sharing is caring
Profile picture of Bettina Geuenich

Bettina Geuenich

Chefredakteurin bei personal manager
Bettina Geuenich ist die Chefredakteurin der Fachzeitschrift und des Blogs personal manager. Sie beobachtet seit über 20 Jahren die HR-Szene in Österreich und schreibt darüber.