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6 Schritte: So kommen Innovationen gut in die Welt

Innovationen sind der Umsatz von übermorgen. Sie sind die einzige Möglichkeit, langfristig am Markt zu bestehen. Ein Unternehmen muss sehr frühzeitig beginnen, sie zu entwickeln, um sie startklar in der Pipeline zu haben, wenn die alten Lösungen es nicht mehr bringen. Ein Prozess aus sechs Schritten kann helfen, das Innovieren in die richtigen Bahnen zu lenken.

Ein Innovationsworkshop, irgendwo. Erwartungsvoll stehen die sorgfältig ausgewählten Teilnehmer:innen vor einer Pinnwand. Wie wir Produkt X innovieren und fortan kundenfreundlicher gestalten, ist die Aufgabenstellung. „Also, nach meiner Überzeugung ….“, beginnt eine. „Ich kann gern aus meinem Dashboard ein paar Zahlen beisteuern …“, bietet ein anderer an. „Ich kenne mich in der Zielgruppe bestens aus. Für mich ist vollkommen klar …“, sagt sehr überzeugend ein Dritter.

Halt! Innovationen und ein damit verbundener überragender Nutzen für interne und externe Kunden entstehen nicht dadurch, dass man eigene Annahmen in die Bütt wirft und persönlich gefärbte Antworten gibt. Wer Kundenbelange wirklich verstehen will, braucht einen intensiven Austausch mit bestehenden, verlorengegangenen und potenziellen Kunden, sollte diese also eingehend involvieren. Oder, besser: Kunden beobachten. Oder, am besten: im Blindtest zum Kunden des Unternehmens werden.

Letzteres hat die Schweizer Bundesbahn (SBB) schon vor Jahren gemacht: 100 Führungskräfte schlüpften in die Rolle des Fahrgasts und absolvierten zehn verschiedene Reisearten, etwa das Reisen ohne Fahrausweis oder das Reisen mit Sperrgepäck. Über ihre Eindrücke und Erlebnisse führten sie Tagebuch. Dies schärfte ihr Verständnis für die Bedürfnisse echter Kunden exorbitant. Notwendige Verbesserungen mussten gar nicht erst durch die Instanzen, sie wurden oft noch am gleichen Tag in Angriff genommen.

Innovationsteam zusammenstellen

Wer Innovationen erschaffen will, muss eingetretene Denkpfade verlassen, bestehende Grenzen verschieben, etwas riskieren, experimentieren und ergebnisoffen ausprobieren. Denen mit einer gesunden Innovationskultur ist es dabei egal, woher die zündenden Ideen kommen. Insofern sind nicht nur Leute aus der „Innovation Unit“ gefragt. Mit an Bord gehen Vordenker, Pioniere und Übermorgengestalter aus allen Bereichen, auch aus dem HR, da Innovationen ja meist auch interne Prozesse betreffen. Junge Talente sind für die Suche nach Neuem besonders geeignet, weil sie nichts Altes verteidigen müssen. Frisch eingestellte Kollegen und smarte Praktikanten sind ebenfalls wertvoll, weil ihr Blick noch unverstellt ist von dem, wie die Dinge unternehmenskulturell laufen.

Idealerweise haben größere Innovationsprojekte zwei voneinander getrennte Phasen: die Phase der Ideenfindung und die Phase der Überführung in die Realität. Die Zusammensetzung des Kernteams kann dabei variieren:

  • Die Kreativgruppe besteht aus Menschen, die eine besondere Eignung für Neuanfänge, Übergänge und Vorreitertum haben. Sie geben den kreativen Input und entwickeln Vorwärtsdrang. Sie stellen die abwegigsten Fragen, sie denken das Undenkbare und träumen sich in die schönsten Luftschlösser rein. Sie sehen in allem Neuen ein Eldorado von Chancen und nicht gleich Gefahr. Für Routinevorgänge und Kleinteiligkeit fehlt diesem Typ Mensch das Talent. Superkreative ziehen oft derart viel „Kick“ aus dem reinen Erfindungsprozess, dass sie die Lust verlieren, sobald es an kleinteiliges Umsetzen geht.
  • Die Umsetzungsgruppe besteht aus Menschen, die pragmatisch, strukturiert und umsetzungstalentiert sind. Denn im Zuge der Realisierung kehrt man auf den Boden der Tatsachen zurück. Hierbei geht es um Machbarkeit und eine detaillierte Umsetzungsplanung. Dies erfordert einen anderen Menschentyp: Routiniers und Macher mit Sinn für Genauigkeit und Präzision. Werden diese zu früh in ein Projekt einbezogen, ersticken sie jede verrückte Idee schon im Keim. Hingegen stellen sie sicher, dass an alles gedacht wird und am Ende das Ganze gut funktioniert.

In beiden Gruppen ist eines entscheidend: psychologische Sicherheit. Nur dann fällt es den Menschen leicht, sich voll und ganz einzubringen. Sie sagen offen ihre Meinung, experimentieren mit neuen Vorgehensweisen, reden über ihre Fehler, holen Feedback ein und bitten um Hilfe. Nur so kann sich ihre Innovationskraft voll entfalten.

Die 6 Hauptschritte eines Innovationsprozesses

Es gibt eine Vielzahl von Dingen, die man innovieren kann: interne Strukturen und Prozesse, Produkte und Services, Nachhaltigkeitslösungen und Geschäftsmodelle. Innovationen können einfach oder komplex sein. Sie können den operativen Alltag oder die Strategie eines Unternehmens betreffen. Je nach Branche sind die Abläufe dafür verschieden. Doch fast immer hilft eine Basisstruktur aus sechs Schritten:

  • Analysieren
  • Ideieren
  • Priorisieren
  • Prototypisieren
  • Testen
  • Realisieren

Mit Blick auf New Work, neue Organisationsformen und die sich verändernden Anforderungen am Arbeitsmarkt stehen auch im HR-Bereich selbst umfangreiche Innovationen an. Diese müssen an die Bedürfnisse der internen Kunden angepasst sein. Insofern kann man sich den Ablauf eines klassischen Innovationsprozessen durchaus zunutze machen. Schauen wir uns die ersten Schritte dieses Prozesses genauer an.

Die Abfolge eines Innovationsprozesses im elliptischen Wechsel zwischen divergent und konvergent. Divergenz öffnet und bereichert, Konvergenz führt wieder zusammen.

Kundenbedürfnisse analysieren

Bevor die Ideensuche beginnt, ist es elementar, das ursächliche Problem exakt zu verstehen und gut zu durchdringen. Zunächst also die Vorrecherche: Ist und Soll, neueste Trends, derzeitige und künftige Kundenbedürfnisse sind zu erforschen. Welche Veränderungen wären wünschenswert oder werden dringend benötigt? Welche (kommenden) Technologien helfen dabei? Welche Startups befassen sich schon damit? Dabei geht man nicht von eigenen Annahmen aus, man stürzt sich ins Marktgetümmel.

Wie die Menschen in Zukunft leben und arbeiten werden, solches Wissen ist für HR hochrelevant. Durchforsten Sie dazu das Web. Gehen Sie auf Zukunftskongresse. Führen Sie Gespräche mit Experten und Pionieren. Namhafte Consulting-Firmen, führende Futurologen und Zukunftsforschungsinstitute haben mithilfe wissenschaftlicher Methoden und computergestützter Simulationen Szenarien für eine Vielzahl von Industrien, Märkten und Lebenssituationen entwickelt, die teils kostenlos auf deren Webseiten abrufbar sind. Wem es speziell um technologische Entwicklungen geht, für den kann besonders der Gartner Hype Cycle von Interesse sein.

Auch KI kann zum Einsatz kommen. So nutzte das Fraunhofer Institut in einem Projekt für den Nürnberger Energieversorger N-ERGIE ein digitales Analysetool, um tausende Meldungen über Elektromobilität zu scannen. Die Software wertete aus, wo und durch wen weltweit Testläufe und Inbetriebnahmen batteriebetriebener Elektrobusse beschrieben wurden und griff dabei automatisiert auf mehr als 1400 Datenquellen zu, darunter auch Datenbanken mit wissenschaftlichen Artikeln und Patentanmeldungen.

Kernfrage formulieren und User-Story kreieren

Am Ende dieses oft recht aufwendigen Schrittes formulieren Sie die Kernfrage, die die Basis für die anschließende Ideenentwicklung und das weitere Vorgehen ist. Wie das geht? Sie verfassen die Ziele des internen/externe Kunden als User Story: Eine User Story ist eine Anwendererzählung. Sie beschreibt einen prototypischen Kunden und den maßgeblichen Grund, weshalb er/sie die zu erstellende Lösung nutzt, den „Job“ also, den die Lösung für den Kunden machen soll.

User Stories sind nötig, damit Sie ein gemeinsames Verständnis für die Aufgabenstellung gewinnen und dies stets mit dem Fortgang des Projekts abgleichen können. So stellen Sie sicher, dass das richtige Problem gelöst wird. Zudem sollten Sie während des Prozesses immer wieder die Sicht des Nutzers einnehmen: „Würde unser User wirklich wollen, dass …?“. Damit stehen dessen Interessen und nicht die des Unternehmens im Vordergrund. So werden dann auch nur die Features priorisiert, die im Nutzerinteresse sind – und nicht die, die Entwickler:innen am passendsten finden.

Wie eine User Story klingt? Zum Beispiel so:

„Als Kunde brauche ich das neue Produkt X, damit … .“

User Stories werden auf einer Story-Card (physisch und/oder virtuell) dokumentiert. Der Story können Akzeptanzkriterien beigefügt werden. Dabei handelt es sich um eine Liste von Features, die gewährleisten, dass die Nutzerbedürfnisse erfüllt sind und nichts Wesentliches vergessen wurde. Oft beginnt man dies so: Die Story ist erfüllt, wenn … .

Ideieren: Zunächst braucht es eine Fülle von Ideen

Die Ideation ist der kreative Prozess der Generierung und Ausformulierung neuer Ideen. Dabei fokussieren Sie sich voll und ganz auf die zu definierende User-Story, suchen also nach einem Maximum an Ideen zur Lösung dieses Problems. Zu jedem Ideenfindungsworkshop gehören Spielregeln, die Sie aufhängen und am Anfang kurz durchgehen können, wie etwa diese: möglichst viele Ideen, je wilder desto besser, leserlich schreiben, ausreden lassen, Zeiten einhalten, keine Killerphrasen, Handys aus.

Damit der Prozess schnell startet, sollen zunächst alle ihre ersten Ideen still notieren, pro Idee ein Kärtchen oder ein Post-it. Diese werden an ein (virtuelles) Board geheftet oder an eine Pinnwand gepinnt. In dieser Phase werfen die Teilnehmenden ihre Einfälle wie bunte Bälle in den Raum, schärfen ihre Gedankenrohlinge im Austausch und pflegen die Kunst des gemeinsamen Denkens, wodurch sich Geistesblitze und Ideenfunken auf spannende Weise miteinander verknüpfen.

Die Ideation kann nur dann zu einem maximalen Output führen, wenn man die Phase der Ideenentwicklung von der Ideenbewertung trennt. Ein Erfolg braucht zunächst eine Menge Ideen. Nur, wer viel würfelt, der würfelt am Ende auch Sechser. Ferner benötigen Sie anfangs eine Prise Verrücktheit, also überzogene, gewagte, kuriose, spektakuläre, exotische, skurrile, schräge Ausgangsideen. Sie sollen das Denken beflügeln. Verrückte Einfälle sind oft auch die Basis für außergewöhnlich gute, unverbrauchte Ideen.

Hilfreich: Sprungbrettfragen und generative KI

Nachdem die gefundenen Ideen angepinnt sind, werden diese zunächst geclustert, also thematisch passend gruppiert. Geeignete Kreativitätstechniken können helfen, weitere Ideen herauszukitzeln. Oder der Moderator stellt Sprungbrettfragen wie diese: „Wer hat dazu eine ähnliche Idee?“ „Wer hat dazu eine noch gewagtere Idee?“ „Wer hat dazu eine gegenteilige Idee?“ Oder provokanter: „Was haben wir bisher völlig vergessen?“ „Wer traut sich was echt Verrücktes?“

Lassen Sie sich auch von generativen KIs wie ChatGPT helfen. Deren oft eigenwillige Einfälle, die sie aus der Fülle des ihnen verfügbaren Materials erschaffen, sind meistens eine Bereicherung, eine zusätzliche Inspiration und somit ein Kreativitätsgewinn. Natürlich bekommen Sie nicht schon gleich eine fertige Lösung. Wer derartige KIs jedoch richtig steuert, kann die Gruppe mit Aspekten versorgen, auf die sie allein nicht gekommen wäre. Dies führt zu mehr Ideenreichtum und besseren Resultaten.

Literaturtipp

Wie es weitergeht, was dabei zu beachten ist, wie aus Ideen Innovationen werden und welche Rolle HR dabei spielen kann, all das und vieles mehr wird in meinem neuen Buch „Zukunft meistern“ ausführlich erläutert.

Zukunft meistern. Das Trend- und Toolbook für Übermorgengestalter. Von Anne M. Schüller. Gabal Verlag 2024.
https://www.gabal-verlag.de/buch/zukunft-meistern/9783967391817

Anne M. Schüller
Businesscoach, Keynote-Speaker, Fachautorin | Website | + posts

Anne M. Schüller ist Businesscoach, Keynote-Speaker und Fachbuchautorin. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Veranstaltungen und Fachkongressen. 2015 wurde sie in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/2018 und vom Business-Netzwerk Xing zum Spitzenwriter 2018 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager sowie zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.

 

 

 

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Anne M. Schüller

Businesscoach, Keynote-Speaker, Fachautorin | www.anneschueller.de
Anne M. Schüller ist Businesscoach, Keynote-Speaker und Fachbuchautorin. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Veranstaltungen und Fachkongressen. 2015 wurde sie in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/2018 und vom Business-Netzwerk Xing zum Spitzenwriter 2018 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager sowie zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.