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Recruitingvideos: Emotionale Alleskönner

Recruitingvideos: Videos gewinnen an Bedeutung, auch im Recruiting. Auf dem Smartphone schauen wir uns rund um die Uhr Bewegtbilder an – und immer mehr Content rauscht durch unsere Zeitleisten in den sozialen Medien. Doch nicht alle Inhalte überzeugen und erreichen die gewünschte Zielgruppe. Wie gelingt es, Videos bei der Personalsuche erfolgreich einzusetzen? Expertinnen und Experten geben Tipps, wie man sich gegen das Überangebot durchsetzt.

© mediapool

Florian Semmler

Florian Semmler

Geschäftsführer, mediapool

Vor dem Dreh steht immer die Analyse, sagt Florian Semmler, Geschäftsführer der Video-
agentur mediapool mit Hauptsitz in Klagenfurt. Diese Analyse kann auch mal zu der Frage führen, wie die Sitze im Lkw gepolstert sind. In diesem Fall war der Auftraggeber ein Unternehmen, das Lenkerinnen und Lenker suchte. „Die sitzen acht, neun Stunden am Lenkrad. Da ist die Qualität der Sitze oft entscheidend dafür, ob das ein guter Tag wird oder nicht.“ Also ging das Unternehmen im Recruitingvideo gleich am Anfang auf die Polsterung ein und leitete dann zur eigentlichen Stellenanzeige über. „Jedes Video muss schnell mit einem guten Hook kommen.“ Es gehe darum, einen „Haken“ auszuwerfen, um die Menschen zum Zuschauen zu bewegen. Schnell heißt: in den ersten zwei bis drei Sekunden.

Das hat damit zu tun, was Semmler Information Overload nennt: „Jede und jeder wird täglich mit 30 bis 40 Gigabyte an Informationen konfrontiert. Was wir so an einem Vormittag erleben, ist mehr, als ein Mensch im Mittelalter in seinem gesamten Leben an Informationen erhalten hat.“ Gegen all diese Konkurrenz muss man sich erst einmal durchsetzen. Der Haken am Anfang reicht dazu nicht, man muss auch danach sicherstellen, dass die Betrachterinnen und Betrachter das Video nicht mittendrin abbrechen. „Wir machen Infotainment: Informationen vermitteln, aber gleichzeitig unterhalten. Je unterhaltsamer, desto besser funktionieren die Dinge.“

© mediapool

Zum Dreh an den Flughafen: Die Firma mediapool im Einsatz bei DHL Express

An die Untertitel denken

Weitere Tipps, die Semmler gibt: Der Ton des Filmchens muss natürlich gut verständlich sein. Aber zusätzlich braucht man eine App, die es untertitelt; denn viele schauen am Smartphone tonlos zu. „Es kommt darauf an, wo ich den Call to Action platziere.“ Denn seinen Zweck erfüllt ein Recruitingvideo erst dann vollständig, wenn die Zuschauenden der Handlungsaufforderung folgen, die am Ende eingeblendet wird, und eine Bewerbung auf die Stelle zumindest ernsthaft in Betracht ziehen. Und das klappe immer häufiger: „Kampagnen, die mit Videos arbeiten, sind erfolgreicher. Das ergeben die Rückmeldungen, die wir von unseren Kundinnen und Kunden bekommen.“

© Wiener Linien

Elisabeth Krims

Elisabeth Krims

Abteilungsleiterin Recruiting und
Personalmarketing, Wiener Linien

„Wir arbeiten viel mit Videos – und wollen das noch ausbauen“, sagt Elisabeth Krims, Leiterin der Abteilung Recruiting und Personalmarketing bei den Wiener Linien. Video ist hier nicht gleich Video. Einerseits gibt es aufwendige Produktionen der Kategorie Imagefilm, welche die Kommunikationsabteilung an externe Agenturen vergibt. Andererseits macht das Recruiting immer mehr Videos selbst: spontane Recruitingclips, die an Handy- oder Laptopkamera an einem halben Tag entstehen. „Wir haben gemerkt: Wir müssen schneller sein. Bei Stellen, die kurzfristig zu besetzen sind, bringt uns eine langfristige Videoproduktion nichts. Dazu ist das Business zu schnell.“

Ausgewählte Tools erlauben es dem Recruiting, die Videos selbst zu erstellen, zu bearbeiten und ihnen das Design der Stadtwerke zu verpassen, ohne dafür speziell ausgebildet zu sein. Solch ein niederschwelliges Vorgehen beschleunigt die Drehs nicht nur, es sorgt für eine lockere Atmosphäre: „Mal eben mit dem Handy filmen ist weniger einschüchternd als ein großes Kamerateam.“ Schließlich treten in den Recruitingvideos nicht Schauspielerinnen und Schauspieler auf, sondern Mitarbeitende: „Unser Credo ist es, echte Menschen vor den Vorhang zu holen, die ihren Alltag präsentieren. So authentisch wie möglich.“

© Wiener Linien

Mal zeichnen die Wiener Linien ihre Videos in den eigenen Räumen auf (rechts),
mal geht’s in Warnwesten auf die Baustelle.

Möglichst nicht proben

Die Recruitingvideos sollen lebensnah bleiben, daher empfiehlt Krims, die Dreharbeiten nicht allzu gut vorzubereiten und möglichst nicht zu proben. „Am besten wirkt das, was spontan ist. Da kann gerne ein kleiner Verhaspler drin sein. Die gewähltere Ausdrucksweise wirkt oft unnatürlich.“ Platziert werden die Videos dann auf Plattformen mit Jobnähe: LinkedIn, karriere.at, Stepstone, über das Arbeitgeberprofil auf kununu, gelegentlich auch bei Facebook.

© whatchado

Jubin Honarfar

Jubin Honarfar

Geschäftsführer, whatchado

Die Videoagentur whatchado betreibt eine eigene Karriereplattform, seit 2012 haben die Wiener mehr als 10.000 Videos produziert. „Wir sind ein wenig Youtube für die Karriere“, sagt Geschäftsführer Jubin Honarfar. Ursprünglich bestückte man die Plattform mit Videos, die eigene Produktionsteams hergestellt hatten. Seit fünf Jahren ist sie zusätzlich für Content geöffnet, den Unternehmen selbst produziert haben. Für Honarfar ist Authentizität ebenfalls von größter Bedeutung. „Es gab schon Anfragen von Unternehmen, ob sie Models casten könnten, die schöner reden und besser ausschauen. Das lehnen wir aber immer ab, es widerspricht unserer Philosophie.“

Eine Qualitätskontrolle, die alle Videos vor einer Platzierung durchlaufen müssen, stelle sicher, dass bestimmte Standards eingehalten würden. Neben der Authentizität gehe es darum, dass sie einen inhaltlichen Mehrwert zu dem dargestellten Berufsbild bieten und karriererelevant sind: „Dadurch ist jede Art von Produktwerbung ausgeschlossen.“ Die selbst produzierten Videos werden vereinheitlicht, indem in ihnen sieben Fragen beantwortet werden müssen: „Dazu gehört einerseits die Frage, was das Coolste am Job ist, aber auch, welche Einschränkung der Job mit sich bringt. So sorgen wir für eine neutralere Betrachtung.“ Einseitige Loblieder will niemand hören.

Die Zielgruppe bestimmt den Kanal

Lieder werden auch bei den Clips von mediapool nicht gesungen. Doch: „Der große Vorteil von Videos ist, dass in ihnen ganz andere Emotionen transportiert werden können als in einem nüchternen Text“, sagt Florian Semmler. „Wir können das Team vorstellen und zeigen, wie es im Unternehmen tatsächlich zugeht.“ Wo die Videos ausgespielt werden, das hänge von der Zielgruppe ab: „Über LinkedIn sprechen wir eher Führungskräfte und das mittlere Management an, junge Menschen eher über Instagram oder Tiktok, die Boomer über Facebook. Wir bieten auf allen Kanälen eine gute Durchdringung.“ Gerade um die nur latent wechselwilligen Potenziale zu erreichen, müsse man sie dort abholen, wo sie von sich aus hingehen.

Auch Semmler empfiehlt, Mitarbeitende sprechen zu lassen: „Sie haben eine ganz andere Vertrauensvermittlung, als wenn der CEO auftritt.“ Beim Dreh macht mediapool Interviews mit den Mitarbeitenden und schneidet das Material anschließend zu einer runden Sache zusammen. Gelegentlich greife man zu einem Trick: „Die Situation beim offiziellen Interview ist oft versteift, die Leute sind aufgeregt. Wir lassen die Kamera im Anschluss einfach laufen, dann reden sie viel gelassener –
und meistens nehmen wir diesen Take.“

Müssen Recruitingvideos von Profis gedreht werden? Nein, findet Florian Semmler. „Wir bieten Workshops an, wie man das mit dem Smartphone selber macht. Die technische Qualität sollte schließlich trotzdem stimmen.“ Teilweise rate er Kundinnen und Kunden sogar von professionellen Aufnahmen ab.

KI generiert Kurzvideos

„Auch wir bestärken die Unternehmen darin, ihre Videos selber zu machen und unsere Plattform nur für die Verbreitung zu nutzen“, sagt Jubin Honarfar. Vielen fehlten dazu allerdings die Ressourcen oder das Know-how. Seit ein paar Jahren bietet die Karriereplattform einen weiteren Service an, der die Kundinnen und Kunden gar nichts kostet, zumindest in der „Grundausstattung“ nicht: Künstliche Intelligenz generiert aus textbasierten Stellenanzeigen vollautomatisiert Reelformate.

„Dazu wird einfach ein Produktformat umgewandelt, animiert und mit Videocontent angereichert, das uns das Unternehmen zur Verfügung stellt.“ Diese Kurzvideos heißen „whatchado-Reals“. Bewusst nicht mit Doppel-e geschrieben, sondern mit „ea“ – „weil wir für das Echte stehen, das Reale“. Kosten fallen erst an, wenn man die Anzeigen nicht einzeln und manuell hochladen will. Oder wenn die „Reals“ über eine Kampagne verbreitet werden sollen.

© whatchado

Aus einem „whatchado-Real“ für den Reiseveranstalter TUI

Denn auch whatchado wartet nicht mehr darauf, gefunden zu werden, sondern geht aktiv auf Zielgruppen zu – und speziell auf die, die nicht von sich aus den Jobwechsel anstreben. Das Nutzerverhalten habe sich grundlegend geändert: „Die Generation Z sucht nicht mehr über Google, sondern über Tiktok, Instagram und Youtube. Wer auf diesen Kanälen nicht unterwegs ist, hat gerade bei den jungen Usern keine Relevanz mehr.“

Zeitversetzte Interviews

Die Wiener Linien setzen Videos in vielen Zusammenhängen ein. Seit 2017 führt man zeitversetzte Interviews: Bewerberinnen und Bewerber filmen sich selbst, während sie drei Fragen beantworten; dazu etwa, was ihnen im Arbeitsumfeld wichtig ist und wie sie konkrete Probleme angehen würden. „Damals haben wir verstärkt in der jüngeren Zielgruppe gesucht. Bei denen bietet der Lebenslauf noch nicht viele Anhaltspunkte, um eine Eignung für die Stelle zu bewerten, außerdem wollten wir etwas Neues ausprobieren“, berichtet Elisabeth Krims. Das war ressourcenschonender als Vorstellungsgespräche, pro Frage hatten sie nur eine Minute Zeit. Und es kam dem Abstimmungsbedarf entgegen, der in vielen großen Konzernen besteht. „Videos lassen sich einfach weiterleiten und man kann sich rasch ein Bild von potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten machen. Keinen gemeinsamen Termin finden zu müssen ist bei durchgetakteten Kalendern ein Vorteil.“

Solche Videos seien nicht für jede Stelle sinnvoll, für den Jobeinstieg schon. In der persönlichen Direktansprache beim Besetzen von Positionen für Spezialist:innen hätten Videos ebenfalls Potenzial. „Im Kommunikationsbereich kann man sie noch einmal anders nutzen: indem Kandidatinnen und Kandidaten nach dem Gespräch selbst gedrehte Statements abgeben, als eine Art Arbeitsprobe.“ Weiters teste man gerade den Einsatz von Videos als Option zur Korrespondenz im Recruiting: „Wir bekommen massenhaft Bewerbungen. Individuelle Antworten in schriftlicher Form kriegen wir da nicht immer hin. Wir überlegen, ob kurze Videobotschaften, in denen wir um Geduld bitten, eine Alternative sein könnten.“ Selbst bei Absagen wird darüber nachgedacht, ein heikler Punkt. „Denn es ist uns wichtig, dass wir an dieser Stelle besonders wertschätzend vorgehen.“

// Fazit
Authentizität hat höchste Priorität, wenn man mit Recruitingvideos punkten will. Es geht auch um Inhalte, allerdings kommen die nur an, wenn man sie mit unterhaltenden Elementen verquickt. Wer Menschen erreichen will, die nicht aktiv auf Jobsuche sind, für den geht kaum ein Weg an den sozialen Medien vorbei. Das vollständige Potenzial von Videos wurde wahrscheinlich noch nicht ausgeschöpft.

Von Markus Düppengießer

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